Trinkwasseraufbereitung
Trinkwasser kann aus unbeeinflussten Grundwasservorkommen gewonnen werden. Grundwasser bildet sich aus dem Teil der Niederschläge, der ins Erdreich versickert. Dort sammelt es sich zu einem unterirdischen Grundwasserstrom, der – in Brunnen gefasst und hochgepumpt – Trinkwasser liefert. Doch "echtes" Grundwasser steht nicht überall in benötigter Menge und Qualität zur Verfügung.
Regional kann es zu erheblichen Unterschieden zwischen dem nutzbaren "echten" Grundwasser und dem Bedarf kommen, so dass auf andere Wasservorkommen zurückgegriffen werden muss wie u. a. auch im Ruhreinzugsgebiet, wo mehr als 4,5 Mio. Menschen mit ausreichend Trinkwasser (ca. 240 Mio. m³/a) versorgt werden müssen. Ohne wasserwirtschaftliche Maßnahmen, in unserem Fall der künstlichen Grundwasseranreicherung, würden wir da ganz schnell auf dem Trockenen sitzen.
Wasserwerke Westfalen betreibt in den sechs Wasserwerken im Ruhrtal Sandfilteranlagen, mit denen Wasser aus der Ruhr bei gleichzeitiger mechanischer und biologischer Reinigung gezielt in den Untergrund versickert wird.
Mit Hilfe dieser sogenannten künstlichen Grundwasseranreicherung und je nach Wasserwerk für den Standort optimierten Vor- und Nachaufbereitungsschritten stellen wir sicher, dass für alle Verbraucher immer in ausreichender Menge Trinkwasser zur Verfügung steht. Das Trinkwasser aus unseren Wasserwerken erfüllt alle Anforderungen, die durch die Trinkwasserverordnung und ergänzende Vorgaben der Gesundheitsbehörden an das Lebensmittel Nr. 1 gestellt werden.
Für diese Art der naturnahen Wassergewinnung und Trinkwasseraufbereitung benötigt man geeignete geologische Gegebenheiten und große Flächen in unmittelbarer Nähe des Flusses, damit die natürlichen Reinigungskräfte sich optimal entfalten können. Die eingesetzten Aufbereitungsverfahren können je nach Standortbedingungen voneinander abweichen.
Neben den Untergrundverhältnissen spielt auch die Qualität des Rohwassers bei der Auswahl der Verfahren eine wesentliche Rolle. Behördlich ausgewiesene Wasserschutzgebiete schützen diese Betriebsflächen und angrenzende Liegenschaften vor Einwirkungen, die nicht im Einklang mit der Wassergewinnung stehen.
Vorsorge ist besser als Nachsicht
Um einigen in der Ruhr vorkommenden organischen Spurenstoffen auch künftig optimal entgegenzutreten wird die bisherige naturnahe Wasseraufbereitung aus Gründen der Vorsorge um zusätzliche technische Verfahrensschritte ergänzt. Dadurch werden die Vorgaben des Programms "Reine Ruhr" des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt.
Bei Wasserwerke Westfalen wurde nach mehrjährigen Versuchen eine Kombination aus Ozonung, Flockung (bei Bedarf), Mehrschichtfiltration und Adsorption an Aktivkohle gewählt. Im Rahmen dieser Maßnahme wird die Entsäuerung auf ein physikalisches Verfahren umgestellt.
Die Umstellung der abschließenden Trinkwasserdesinfektion auf eine physikalisches Verfahren mittels UV-Licht ist bereits seit Anfang 2016 in allen Wasserwerken vollzogen.
Die Einführung dieser zusätzlichen Aufbereitungsstufen und physikalischen Nachbehandlungsschritte nach "Prävent plus, dem Schwerter Verfahren" wird schrittweise in allen Wasserwerken von Wasserwerke Westfalen umgesetzt. In den Wasserwerken Echthausen, Witten, Westhofen und Hengsen ist dies bereits geschehen, das Wasserwerk Halingen befindet sich aktuell in der Bauphase.
Prinzip der Wasseraufbereitung
Animation Trinkwassergewinnung am Beispiel Hengsen
Rechen verhindern in Rohwasserentnahmeeinrichtungen das Eindringen grober Schweb- und Schwimmstoffe in die Wassergewinnungsanlagen. Die durch Ölsperren gesicherten Entnahmen können bei Bedarf (z. B. vorübergehende Verunreinigung des Ruhrwassers) geschlossen werden. Das Anreicherungswasser für die drei Schwerter Wasserwerke wird fast vollständig aus dem Aufstau der Ruhr am Wehr Hengsen entnommen.
Der Stausee Hengsen wird als Sedimentationsbecken genutzt. Hier setzen sich Schweb- und Sinkstoffe aus dem Rohwasser durch Schwerkrafteinwirkung ab.
Die Vorfilterbecken dienen der Vorreinigung. Das Filterbett besteht aus zwei Schichten Kies (Körnung: 8 - 16 mm und 20 - 60 mm). Es handelt sich um Durchlaufbecken. Im Einlauf befinden sich Kaskaden zur Sauerstoffanreicherung des Wassers, um mikrobiologische Reinigungsprozesse zu unterstützen.
In Sandfilterbecken versickert das Wasser sehr langsam - ca. vier Zentimeter pro Stunde - durch die Filtersandschicht, gelangt in den Untergrund und reichert das vorhandene Grundwasser an.
Die Einlaufbauwerke der Becken sind mit Kaskaden zur Sauerstoffanreicherung ausgestattet, um mikrobiologische Reinigungsprozesse zu unterstützen. Für die Reinigungsleistung der Sandfilter spielen mechanische Siebeffekte, physikalisch-chemische Prozesse und vor allem biologische Vorgänge durch Mikroorganismen eine bedeutende Rolle.
Als Untergrundpassage wird die Fließstrecke im Grundwasserleiter nach der Versickerung bezeichnet, bevor das Grundwasser durch Sickerleitungen gefasst und dem Pumpwerk zugeleitet wird. Während der Untergrundpassage erfolgt eine weitere mechanische, physikalisch-chemische und mikrobiologische Reinigung des infiltrierten Grundwassers.
Über die bisherige naturnahe Aufbereitungstechnik hinausgehende zusätzliche Reinigungsstufen schaffen eine noch höhere Sicherheit gegenüber nicht vorhersehbaren mikrobiologischen oder chemischen Wasserinhaltsstoffen. Die Aufbereitungsschritte Ozonung, Flockung, Mehrschichtfiltration und Adsorption an Kornaktivkohle der "Weitergehenden Wasseraufbereitungsanlage" können auch in Zukunft in der Ruhr vorkommenden Spurenstoffen optimal entgegengetreten.
Die physikalische Entsäuerung des Trinkwassers verhindert korrosionschemische Vorgänge im Wasserverteilungsnetz. Durch das Einströmen von feinperliger Luft wird das im Wasser enthaltene Kohlendioxid ausgetrieben und der pH-Wert des Wassers bis zum Kalk-Kohlesäure-Gleichgewicht angehoben.
Die Desinfektion mit UV-Licht stellt sicher, dass das Trinkwasser auch auf seinem Weg vom Wasserwerk zum Verbraucher bakteriologisch einwandfrei bleibt.
Große Kreiselpumpen fördern das „fertige“ Trinkwasser ins Netz und auf seinen Weg zum Verbraucher.